Das fünfte Element

Die Erde wurde erschaffen mit vier Elementen: Feuer, Wasser, Erde und Wind. Der Mensch fügte ein füntes Element hinzu, den Plastik. In Deutschland habe ich diesen in vielen nützlichen Varianten wahrgenommen und benutzt, ansonsten landete er im Müll und ich ging davon aus, dass er weiterverarbeitet oder fachgerecht entsorgt wird. Ein für den Staat nicht ganz ganz billiger Spaß und ein einfaches Merkmal, um festzustellen, wo man sich aktuell befindet. Nach Eric-Emmanuel Schmidt (Monsieur Ibrahim et les fleures de coran): Sieht man Mülleimer und keinen Müll, ist man in einem reichen Land. Sieht man keine Mülleimer und Müll, ist man in einem armen Land. Sieht man Mülleimer und der Müll liegt daneben, ist man in einem touristischen Gebiet.

 

In Benin trifft eher Zweiteres zu. Alles Unbrauchbare wird genau dort fallen gelassen, wo man sich gerade befindet. Man trinkt seinen halben Liter Wasser aus der Plastiktüte ("pure water" oder auch "pure wata") und schmeißt das dann einfach zur Seite. An Orten, wo sich die Leute dafür verantwortlich fühlen, wird der Müll entsorgt, d.h. es ist vor den Häusern und Kirchen meist sehr sauber. An Straßen, Nebengassen, freien Flächen, oder ähnlichem sieht man aber öfters wie sich der Müll stapelt und die Ziegen und Hühner darin wühlen. Es gibt halt nur in den größten Städten eine öffentliche Müllabfuhr, die in einem anderen Ausmaß agiert als man das in Deutschland gewohnt ist. Meistens muss sich jeder Bürger selber um seinen Dreck kümmern und entsorgen. Private Müllentsorgung heißt, dass alles was an unnützen Dingen anfällt, im Garten verbrannt wird. Da habe ich schon brennende Berge gesehen, für die man in Deutschland ein Schwerverbrecher wäre. Auch meinen Müll muss ich immer im Garten verbrennen. Neulich war es mal wieder Zeit, jemand kommt vorbei und begrüßt mich.

 

Dabei wurde ich wieder erinnert, dass man sich in Benin doch anders begrüßt als in Deutschland. Wie ich es schon einmal geschrieben habe, würde ich der Begrüßung innerhalb der westafrikanischen Kultur einen ziemlich hohen Stellenwert zuordnen. Mich hat es am Anfang total verwirrt und auch ein gewisses Unverständnis in mir aufgeworfen mit wie vielen Fragen man sich zur Begrüßung "bombadiert", die größtenteils mit den gleichen Antworten beantwortet werden: "Wie geht es dir?" Mir geht es gut." "Wie geht es der Familie?" "Der Familie geht es gut." "Wie läuft es auf der Arbeit?" "Auf der Arbeit läuft es gut." "Hast du gegessen?" "Ja, ich habe gegessen." "Bist du gut aufgestanden?" "Ja, ich bin gut aufgestanden."

Dann gibt es auch exotischere Fragen: "Wie geht es dem Haus?" "Dem Haus geht es gut.". Und mein persönlicher Liebling: "Tu es là?" "Je suis là." (Bist du da). Eine Frage die auch gerne mal zwischendurch gestellt wird. Am Anfang habe ich mich geweigert darauf eine Antwort zu geben aber dann wird hartnäckig weitergefragt. "Bist du da?" "Ja ich bin da. Bist du da?" "Ja ich bin da." Auf Französisch oder Nago ein komplett normaler Dialog, wenn ich Deutschlehrer höre, die das ins Deutsche übersetzen wollen, finde ich das ziemlich witzig.

 

Um wieder auf meinen Müll zurückzukommen. So steh` ich neben meinem Haufen aus Papier, Plastik und einem Paar kaputter Flip Flops, die in einer gelb-grünen Flamme schmoren und ziemlich stinken. Jemand kommt vorbei. "Max, verbrennst du etwas?" "Ja ich verbrenne etwas. Viakre, bist du da?" "Ja ich bin da."

 

Ich bin in Benin.